Sonntag, Februar 04, 2007

Der erste Eindruck ist entscheidend, oder doch eher der dritte?

Anfangs konnte ich mich gar nicht damit anfreunden Unternehmensberater zu werden. Das allgemein vorherrschenden Image des Beraters beschrieb einen arroganten Yuppie im schwarzen Anzug, der - erst knapp dem Teenageralter entronnen – internationalen Firmenbossen mit pikiertem Stirnrunzeln erklärt, wie sie ihre Arbeit zu tun haben. Damit konnte ich mich nun wirklich nicht identifizieren. Deshalb war ich sehr überrascht als ich einige Monate später eine Anzeige fand, in der Accenture einen Projektmitarbeiter mit SAP-Kenntnissen für den Bereich Financial Services suchte. Projektmitarbeiter klang so gar nicht arrogant, SAP hatte ich im Studium auch schon einmal gesehen und ich hatte sogar einen Praxiseinsatz bei einem Versicherungsprojekt vorzuweisen. Also schrieb ich eine Bewerbung in dem ich meine herausragenden Kenntnisse etwas pompöser ausführte und lud das ganze samt Lebenslauf und schickem Grinsefoto in eine Email an das Recruiting-Team.

Als ich kurze Zeit später in dem beeindruckenden Designer-Glasgebäude namens „Campus Kronberg“, dem Hauptsitz von Accenture in der Nähe von Frankfurt, zu meinem Jobinterview erschien, wurde mir schnell klar, dass meine im Studium erworbenen SAP-Kenntnisse für die ausgeschriebene Stelle nicht ausreichen würden. Der Manager, der mich damals interviewte, wies mich jedoch nicht einfach ab, sondern nahm sich stattdessen viel Zeit für mich und fragte mich nach meinen Interessen und in welchen anderen Bereichen in Kenntnisse und Erfahrungen hätte. Am Ende des Gesprächs wurde ich gefragt, ob ich mich für die „allgemeine Beratungsschiene“ bewerben wolle.

Eine Woche später erhielt ich die Einladung, einen Online-Test durchzuführen. Neugierig klickte ich mich durch die Fragen, in denen ich meine Einschätzung zu Situationen aus dem Projektalltag abgeben musste. Am Ende des Tests erhielt ich eine Auswertung meiner Persönlichkeit – ohne Aussage darüber, ob ich nun einen Schritt weiter wäre oder nicht. Da war ich dann schon sehr beleidigt. Mein erster Eindruck war ein sehr freundliches und persönliches Gespräch mit einem Manager gewesen und jetzt wurde meine Persönlichkeit von einer Maschine bewertet? Entrüstet schrieb ich eine Email an das Recruiting-Team und hätte beinahe meine Bewerbung zurückgezogen.

Doch zwei Tage später klingelte das Telefon und eine Mitarbeiterin der Personalabteilung unterhielt sich lange mit mir über den Test, erklärte mir dessen Sinn und fragte nach meiner Meinung zu den Fragen. Im Anschluss an das Gespräch nahm sie einige meiner Kommentare als Verbesserungsvorschläge mit, was mich sehr gefreut hat. Dieser dritte Eindruck bewies mir, dass man sich nicht von den Herausforderungen der Recruiting-Prozesse, abschrecken lassen soll. Vielmehr konnte ich mich bei der Beurteilung eines Unternehmens auf den Eindruck verlassen, den ich durch persönlichen Kontakt mit den Mitarbeitern bekommen hatte.


Mareike Meise

Keine Kommentare: