Mittwoch, Januar 03, 2007

In the eye of the storm

Nach der ersten Woche in Walldorf stand auch schon ein Standortwechsel an. Ursprünglich hieß es, daß wir alle in Walldorf arbeiten sollten. Das funktionale Team, zu welchem ich gehörte, sollte jetzt jedoch in Frankfurt direkt beim Kunden eingesetzt werden.

Montags war für alle Teams ein Walldorf-Tag angesagt, damit man auch den Kontakt zu anderen Teams trotz verschiedener Standorte nicht ganz verlor. Aber ab Dienstag war es vorbei mit Business Casual und wir fanden uns alle beim Kunden wieder. Das hatte zumindest für mich den Vorteil, daß ich in meiner eigenen Wohnung wohnen konnte und kein Hotel brauchte. Auf der anderen Seite hieß es Anzugzwang. Aber man kann ja nicht alles haben. ;-)

Doch was sollten wir nun eigentlich tun? Die Hauptaufgabe des Teams war es, funktionale Spezifikationen zu schreiben. Aber wer mit IT vorher nicht viel zu tun hatte, stand vor einem Rätsel. Spezifikationen? Was war das?

Nun, den Bau einer Software konnte man wohl mit der Produktion eines Autos vergleichen. Das funktionale Team hatte dabei das Ohr am Kunden. Mit anderen Worten sprachen wir mit dem Kunden und fragten ihn, welche Eigenschaften das Auto haben sollte (z.B. wieviel PS, Klimaanlage, etc.). Die Architekten wiederum zeichneten das Auto und bauten ein Holzmodell. Die Entwickler produzierten dann den Wagen und die Tester machten die Probefahrten und sorgten dafür, daß Kinderkrankheiten vor der Auslieferung entdeckt und behoben werden konnten.

Also falls Ihr jemals verzweifelt darüber nachdenken solltet, wie Ihr Euren Großeltern erklärt, womit Ihr eigentlich Eure Brötchen verdient, das wäre die Chance. ;-)

Die Erstellung von Software resultierte hinsichtlich der Arbeitsbelastung in einer Welle, deren Scheitelpunkt sich über die verschiedenen Teams hinweg bewegte. Zuerst traf es das funktionale Team und wir waren Land unter. Am Ende der Software-Erstellung sollte für das funktionale Team eine relative Ruhe eingekehrt sein und das Test Team unter der höchsten Arbeitslast stehen.

Unsere Software war unterteilt in verschiedene Releases und dort wiederum in eine mit SAP gemeinsam erstellte Kernsoftware sowie eine individuelle Kundenverschalung. Am Anfang der Software standen die Spezifikationen. Im Prozess deren Erstellung wurde ebenfalls seitens des Kunden Kritikpunkte sowie Verbesserungen der Spezifikationen geäußert, die dann diskutiert und aufgegriffen, angepaßt oder verworfen wurde. Am Ende dieser Phase stand die fertige Spezifikation, welche dann vom Kunden abgenommen wurde.
Wir landeten also genau in einer heißen Abnahmephase der Spezifikationen. Kurz gefaßt bedeutete das eine Menge Arbeit in sehr knapper Zeit, welche relativ flott in Überstunden resultierte. Aber aufgrund des Teamspirits und der gemeinsamen Herausforderung, diese Abnahme on time und ohne übrig gebliebene Kritikpunkte zu schaffen, wurde das Team sehr schnell zusammengeschweißt. Wir Rookies sprangen also nicht ins kalte Wasser, sondern standen bereits bis zur Oberkante Unterlippe darin. Man war schneller als man dachte, bereits mittendrin statt nur dabei.

Es galt in kurzer Zeit eine ganze Menge von Kundenissues zu klären und zu lösen. Unter Anleitung und Support der erfahrenen Kollegen gewann auch unsere Arbeit immer mehr an Geschwindigkeit ohne dabei ihrer Genauigkeit zu verlieren. So vergingen die ersten Wochen auf dem Projekt einfach wahnsinnig schnell. Im Vergleich zur Universität, Praktika oder zu unserem Training waren wir nun auf der Beschleunigungsspur gelandet.

Wir lernten, wie eine Spezifikation aufgebaut ist, welche Kapitel besonders entscheidend sind, was hinsichtlich der Konsistenz zwischen Spezifikationen zu beachten ist und vieles mehr. Aber vor allem lernten wir, mit Kunden zu arbeiten. Kundenkontakt, Kundenkontakt, Kundenkontakt – das war hier die Maxime. Auf seiten des Kunden waren gestandene Experten, welche ihre Thematik seit Jahren oder Jahrzehnten kannten. Unser Team bestand dagegen aus einer gesunden Mischung von Ressourcen. Es waren Software-Experten vertreten, Prozess-Experten, funktionale Experten, etc. und die Mischung machte das Team erst schlagkräftig. Dazu waren wir auch multikulturell, da wir ebenfalls ein holländisches Sub-Team an Bord hatten.
Unsere Kunden waren sehr anspruchsvoll und sorgten rasch dafür, daß wir ein Gefühl für Ihre Anforderungen bekamen. Aber mit viel Einsatz und einer Einlage am Wochenende als absolute Ausnahme, konnten wir alle Kritikpunkte des Kunden abarbeiten und so die Abnahme der Spezifikationen durch den Kunden erreichen.
Unser erster Milestone auf dem Projekt war geschafft und den galt es zu Feiern. Hier waren wir wieder bei einem typischen Accenture-Motto: Work hard, play hard.

Wir feierten in Frankfurt in einen Restaurant, waren aber nach den harten Wochen zu erschöpft, um die Nacht zum Tage zu machen. Außerdem standen die nächsten Termine schon wieder auf dem Plan. Nach diesem erfolgreichen Abschluß der Abnahme eines Releases, klopfte das nächste Release direkt an die Tür.


Hier zeigte sich, daß wir bereits in unser Team integriert waren. Wir bekamen nun eigene Spezifikationen zugeteilt, welche wir als Autoren erstellen würden. Dies geschah in einem eng mit dem Kunden und SAP abgestimmten Prozess, der sich über einen genau definierten Zeitraum erstreckte.

Falls man sich vorher mit Planung nicht auskannte, hier lernte man sie schnell und intensiv. Ein Vorteil der Arbeit von Accenture war die klare und methodische Vorgehensweise. Es gab für so gut wie alles einen Prozess, der einem Rahmenbedingungen vorgab und dadurch gerade für uns Rookies eine gute Hilfestellung darstellte.

Wie wir uns als Autoren bewährten und was wir alles dabei lernen konnten, dazu mehr im nächsten Blog.


Harry Neumann

Keine Kommentare: